EIN VIERTEL-JAHRHUNDERT

Wie aus einem Hobby eine florierende Stickerei wurde

Es war in den 90er Jahren. Handarbeiten war immer schon mein Hobby, vor allen Dingen Bilder von Hand sticken, in Kreuzstich oder auch als Gobelin . Es waren immer Motive die viele andere auch gestickt hatten. Nun wollte ich gerne etwas sticken was nur meins war: unsere Hausfront, ich hatte ein schönes Foto. Jetzt fehlte nur Jemand der mir hiervon ein Zählmuster erstellt, das ist ein Ausdruck von diesem Foto in schwarz/weiß Symbolen. Jedes Symbol steht für eine bestimmte Farbe, dazu noch eine Liste der benötigten Garne. Jetzt kann man kleine Kreuze auf Leinen oder Aidastoffsticken, nach einiger Zeit ist das Bild fertig gearbeitet und muss nur noch gerahmt werden, bevor es an die Wand gehängt wird. Es ist halt was Besonderes.
Auf der langen Suche nach Jemanden der mir ein Zählmuster von meinem Foto erstellt, sagte eine Bekannte zu mir, warum machst Du das nicht selber. Ich war sofort begeistert von der Idee, denn auch die Arbeit am Computer war kein Problem für mich.
Gesagt getan, ich erkundigte mich bei der Garnfirma Madeira nach einem Programm (sie durften mir allerdings keins empfehlen) und gaben mir drei Adressen und ich suchte mir was aus, kaufte noch einen Scanner und dann ging es los.
Zuerst musste ich selbst lernen mit dem Programm umzugehen, naja das erste Bild war nicht so besonders.
Aber dann gaben mir auch Freundinnen Fotos, die ich für sie in Zählmuster umwandelte, sie stickten ihre Kinder, Hunde, Autos, Häuser und vieles mehr. Diese Bilder überließen sie mir dann um sie bei den Veranstaltungen vorzustellen.
Denn nach einem halben Jahr fing ich an diese Dienstleistung auf Handarbeitsmessen vorzustellen, mit großer Resonanz. Auch inserierte ich in Fachzeitschriften.
Nun musste ein eigener Telefonanschluss her, aber was ich nicht wusste, wenn du ein Gewerbe hast und dazu einen Anschluss benötigst, schreibt der Schlütersche Verlag dies in die gelben Seiten. Nur mich nicht unter Handarbeiten sondern Stickereien. Alles Wettern nützte nichts, es blieb so.
Jetzt riefen Kunden an die gerne Namen oder auch Motive auf Textilien gestickt haben wollten.
Ein Handtuch zum Geburtstag oder Taufe, ein T-Shirt zum Jubiläum und so weiter. Das musste ich ablehnen, den das konnte ich nicht, hatte gar keine Maschine und auch keine Ahnung davon.
Nach einiger Zeit besprach ich mich mit meinem Mann, sollen wir mal so eine Maschine zulegen, eine kleine Stickmaschine für den Hausgebrauch? Mal sehen was davon wird.
Jetzt riefen auch Menschen an die gerne einen Namen auf ein Handtuch oder Taufkleid gestickt haben wollten. Das musste ich ablehnen denn für diese Arbeit wurde eine Stickmaschine benötigt die ich aber nicht hatte.
Ich trat dem Landfrauen Service bei, jetzt gingen die Veranstaltungen richtig los. Immer wo die Maschine lief blieben die Leute stehen und schauten. So wurde der Landfrauen Service und unsere kleine Stickerei bekannt.
Ich verkaufte jede Menge Handtücher mit Motiven und Namen. Jetzt reichte natürlich eine Maschine nicht mehr aus und es kam die Zweite mit einem größeren Stickbereich.
Zu Hause stickte ich mit Hilfe unserer Kinder, meiner Schwester und einer Freundin Motive auf Handtücher vor. Trecker, Bärchen und Pferde gingen immer.
Auch folgen die nächsten 2 Maschinen, wieder mit einem noch größeren Stickfeld.
Mittlerweile waren es 4 Stickmaschinen. Jetzt erkundigten sich auch Firmen ob auf Textilien gestickt werden könnte, z.B. ihr Logo.
Alles ging jetzt nicht mehr, die Frage kam, was mache ich jetzt, bleibe ich in der Werkstatt oder kaufen wir eine Industrie Stickmaschine.
Also bemühte ich eine andere Firma, die mir gerne eine Stickmaschine verkaufte.
Erst kamen kleine Aufträge, dann folgten Größere. Die Maschinen reichten nicht mehr. Auch ging das mit den Veranstaltungen nicht mehr.
Nun kam die Zweikopfmaschine dazu, ich konnte Jemanden als Minijobber einstellten, denn auch das aus- u. einpacken der Ware musste gemacht werden.
Es platze alles aus den Nähten, wer hatte mit so etwas gerechnet. Unsere Kunden waren zufrieden und es gab immer mehr Anfragen. Die Menschen loben den persönlichen Kontakt und die Qualität der Arbeit.
Wir wollten auf unserem Hof die Anzahl der Tiere reduzieren, so das ein Gebäude frei wurde.
Mein Mann baute es für die Stickerei um, das war 2003. Gleichzeitig kam noch eine zusätzliche Maschine eine Vierkopf. Die Anzahl der Mitarbeiter wuchs. Der Platz wurde dann auch hier knapp und mein Mann baute an, die Erweiterung fand in Jahr 2005 statt.
Mittlerweile war unsere Tochter Sonja auch in den Betrieb gekommen.
2005 wurde auf 350 qm ausgebaut, auch war die Anzahl der Maschinen gestiegen. 4 Einkopf, 1 Zweikopf und 1 Sechskopfmaschine.
Nebenbei machten wir noch Stickaktionen in Kauf- und Warenhäusern. Auch Messen wie z.B. die Agritechnica in Hannover oder die größte europäische Baumesse in Paris. Überall war unsere Sonja schon mit dabei und hat die Stickaktionen schon seit 2004 größtenteils übernommen.
Als dann auch noch der Part Druck dazu kam, habe ich den sofort an Sonja weitergeben.
Mittlerweile sind wir Deutschland weit bekannt, die Anzahl der Mitarbeiter ist auf 9 gestiegen.
Zum Jahreswechsel 2018 habe ich mich aus der Firma zurückgezogen und sie an unsere Tochter übergeben.
Sie leitet nun die Stickerei in meinem Sinne, ich wünsche ihr die Treue der Kunden.